Bedeutung von Kinder Kung Fu und pädagogische Konzepte für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit mit gesundem Selbstvertrauen in der Kinderabteilung der Zhen Wu Berlin
Dass Kinder von dem Training und dem Erlernen einer traditionellen Kampfkunst profitieren, ist mittlerweile weitgehend bekannt. Neben der körperlichen Ausbildung werden entscheidende Bereiche der Persönlichkeitsentwicklung wie Selbstwahrnehmung, Selbstvertrauen, Sozialverhalten, Umgang mit Frustration, Konzentrationsfähigkeit etc. in den traditionellen Kampfkünsten geübt und ausgebaut.
Es stellt sich jetzt die Frage, wie sich der kindgerechte Unterricht im Rahmen der Kampfkunst, in unserem Fall des Kung Fus, gestaltet.
Drei Bereiche, die integraler Bestandteil unseres Gesamtkonzeptes sind, sollen hier besonders beleuchtet werden:
- Wie gestalten wir den Trainingsort?
- Wie umrahmen wir die Zeit vor und nach dem Training – für die Kinder und die Begleitpersonen, meist sind es die Eltern?
- Wie bauen wir das Training auf?
1. Die Schule, der Ort des Trainings
Bei der Arbeit mit Kindern gibt es besondere Anforderungen an die Räumlichkeiten. Wir wollen, dass sich Kinder jeder Altersgruppe und ihre Eltern bei uns wohl fühlen. Unser Ziel ist es, dass unsere Schüler und Schülerinnen und ihre Familien gerne zu uns kommen und sich gern bei uns aufhalten. Deshalb haben wir bei der Gestaltung unserer Schule besonderen Wert darauf gelegt, dass wir einen Raum schaffen, in dem jeder seinen Platz findet.
Der gemütliche Teeraum bietet sowohl den Kindern als auch den Eltern die Möglichkeit zu entspannen und in Ruhe anzukommen und zu verweilen. Oft kommen die Kinder direkt aus der Schule oder der Kita zu uns und brauchen ein kurzen Augenblick der Ruhe bevor sie bereit für Neues sind.
Das führt dazu, dass die Kinder im Unterricht deutlich entspannter sind und vor allem wieder Spaß an den neuen Herausforderungen haben. Mit Spielzeug für alle Altersklassen, bereitgestellten Getränken, den gemütlichen Sofas und einer kleinen Leseecke schaffen wir eine einladende Atmosphäre, in der sich alle sehr wohl fühlen. Das ist aber nur ein Teil des Ganzen, das Gesamtkonzept der Räumlichkeiten macht hier den Unterschied zu herkömmlichen Sportstätten. Der Eingangsbereich mit den wachenden Löwen vor der Tür ist für viele Kinder schon das erste Highlight. Die Liebe zum Detail in jedem Raum der Schule, z.B. auch auf den Toiletten, sorgt dafür, dass unsere Schüler und die Eltern sich gerne bei uns aufhalten. Denn das ist der alles entscheidende Faktor: wenn die Eltern nicht gerne kommen, gibt es keinen, der die Kinder zum Training schickt/bringt.
2. Die Zeit vor und nach dem Training
Familien mit Kindern haben einen vollgepackten Alltag. Wir kommen den Familien entgegen und stellen uns auf ihren manchmal sehr unterschiedlichen Zeitablauf ein. Wir sind mindestens eine halbe Stunde vor dem Unterrichtsbeginn in der Schule anwesend, damit die Kinder und ihre Begleiter nicht vor der Tür stehen und warten müssen.
Diese Zeit bietet uns gleichzeitig die Möglichkeit für Elterngespräche und vor allem auch Zeit, mit den Kleinen eine echte Bindung herzustellen. Die wahre Verbindung zu den Kindern entsteht, wenn Zeit ist, die kleinen Geschichten zu hören, eine Runde Domino zu spielen oder beim Umziehen behilflich zu sein. Hier kommt es darauf an, den Kinder echte Freude zu vermitteln, darüber dass sie da sind, ihnen zu erzählen, was wir vorhaben, und auch, was für ein tolles Erlebnis es ist, die Kinder zu unterrichten.
Während die Kinder einen langen Tag hatten, ist der Tag für die Eltern nicht kürzer gewesen. Ein herzliches Hallo, ein Ohr für die Entwicklung der Sprösslinge bei einer Tasse Tee und ein Ort an dem man sich wohl fühlt sorgt für ein entspanntes Elternteil. Das ist sofort bei den Kindern zu spüren. Das Motto: „Wartezeit ist für Wartungsarbeiten zu nutzen“ kommt hier gut zur Geltung. Die Zeit vor dem Training ist auch für uns Trainer enorm wichtig, damit wir uns auf unsere nächste Stunde und die Klientel einstellen können. Wir erfahren, wie die Kinder drauf sind und können im Training darauf eingehen!
Und sollte mal keiner „zu früh“ kommen, gibt es immer noch Kleinigkeiten in der Schule zu tun, die Wartezeit ist nicht vergebens. Nach dem richtigen Unterricht beginnt die Zeit „nach dem Training“. Die Kids haben dann teilweise 2 Stunden trainiert und sind verausgabt. Die Möglichkeit, sich zu entspannen, auszuschwitzen, bevor man sich umzieht, mit den Trainingspartnern noch eine Runde zu spielen, die Wasservorräte wieder aufzufüllen etc. sorgt für ein rundes und abgeschlossenes Gefühl. All das braucht Zeit und sorgt bei genügend Raum dafür, dass unsere Teilnehmer die Chance haben in ihrem eigenen Tempo ihre Abfahrt vorzubereiten.
Teilweise wollen die Kids auch noch mal 5 Min nach Unterrichtsschluss im Trainingsraum das Gelernte wiederholen und verarbeiten. Die Tatsache, dass Kinder unglaublich neugierig sind, spielt in der Zeit vor und nach dem Training auch eine besondere Rolle, ihr Quell auf der Suche nach neuem Wissen und neuen Fähigkeiten. Im Unterricht selbst gibt es wenig Raum für freie Spielzeit.
Aber es gibt in unserer Kampfkunstschule so vieles zu entdecken und zu erleben, dass das nur vor und nach dem Training möglich ist. Hier gibt es wieder die besondere Chance, eine Verbindung zu den Kindern herzustellen. In solchen Augenblicken zeigt sich, wo die Interessen, die Stärken und Schwächen liegen. Es ist die Zeit mal Blödsinn zu machen und die persönliche Komponente ins Spiel zu bringen während man seine volle Aufmerksamkeit dem Kind widmet.
3. Das Training
Im Training geht es uns neben den Inhalten die wir vermitteln, um einen besonders wichtigen Grundgedanken. Der Körper steckt voller ungeahnter Talente und Energie. Ein spielerischer Aufbau des Trainings ist unabdingbar wenn bei den Kindern Sport mit Spaß verknüpft werden soll. Wie bekommt nun einen Haufen 4-12 Jähriger dazu mit Spaß, konzentriert und achtsam miteinander zu trainieren?
Wir haben uns z.B. dafür entschieden, den Kindern einen Probemonat zu gewähren und nur eine vierwöchige Kündigungsfrist in den Vertrag zu setzen. Damit habe ich die Gewährleistung, dass jedes Kind in meinem Unterricht freiwillig dort ist. Das gibt mir als Trainer zum einen eine Sicherheit in Bezug auf mein Unterrichtskonzept und zum anderen ist der Kontakt zu den Kindern ein ganz anderer wenn alles freiwillig geschieht. Wir haben keine „Karteileichen“.
Die Art und Weise, wie man die Kinder anspricht, macht unglaublich viel aus. Ein respektvoller Ton und ein klares Umschalten zwischen einer evtl. notwendigen direkten Ansprache und dem normalen Trainingston sorgen bei den Kindern für klare Verhältnisse und für ein angenehmes Klima, in dem Lernen und Spaß sich vereinigen.
Mit einem weit gefächerten Angebot und einer Vielzahl von Trainingstagen ist kein Kind genötigt, bei uns aufzuhören, falls sich mal was in der Schule ändert oder sonst ein Termin auf die reguläre Trainingszeit fällt. Kinder können sich, obwohl mehr oder weniger im gleichen Alter, in ihrem Entwicklungsstand extrem unterscheiden. Daher ist es wichtig jedem einzelnen gerecht zu werden. Wir haben bei uns Trainingszeiten, die für große Gruppen ohne Altersunterteilungen angelegt sind. Die Kinder lernen in einer solchen Umgebung ganz andere Aspekte als z.B. in der Stunde, die nur für die Fortgeschrittenen oder die 6 jährigen sind.
Während in der großen Gruppe das Erlernen der Sozialkompetenzen ganz nach vorne rückt, liegt in der Stunde mit kleinen Gruppen der Fokus auf den besonderen oder komplizierteren Inhalten des Kung Fu´s. So können Kinder, die nur die sportliche Auslastung suchen, in der großen Gruppe gut mittrainieren und haben die Möglichkeit, ganz langsam an die Kampfkunst herangeführt zu werden. Kinder, die dagegen von der ersten Sekunde an begeistert von der Kampfkunst sind können gleich mit 5 Stunden die Woche ins Leistungstraining mit einsteigen.
Bei aller Neugier und dem schnellen „gelangweilt sein“ wenn es um das Training von bekannten Abläufen geht, finden Kinder Sicherheit in einer gewissen Routine. Wir haben bei uns eine Aufwärmroutine, die immer gleich ist und zum Anfang der Stunde jegliche Aufregung zu Ruhe kommen lässt. Die Kinder freuen sich auf diese routinierte Anfangsrunde. Bevor keine Ruhe herrscht, beginnt das richtige Training nicht.
Eine andere Sicherheit, die die Kinder bei uns haben ist die Trainerkonstante. Ich unterrichte alle Kinderkurse bei uns, egal ob 4 Jahre, Anfänger oder Fortgeschritten, Waffentraining und was wir sonst noch anbieten. Ich begleite die Kinder während ihrer gesamten Zeit in der Zhen Wu Berlin. Das Feedback von Eltern und Kindern in diesem Belang ist mehr als positiv. Die Bindungen, die hier entstehen sind innig und sind eine echte Bereicherung für alle. Das Vertrauen zwischen Trainer und Schüler beginnt zu wachsen. Im Gegenzug werde ich von langjährigen Schülern entlohnt, indem ich sie so langsam als Vorbilder mit im Unterricht hinzuziehen kann. Das hilft im Unterricht ungemein, wenn sich die „neuen“ an den „alten“ orientieren können. Andersherum wächst natürlich das Selbstvertrauen eines 8 jährigen enorm, wenn er in seiner Funktion als „fortgeschritten“ älteren Schülern was zeigen kann. So geht es immer hin und her, und die Förderung des Einzelnen kann immer genauer abgestimmt werden, da man sich besser kennen und schätzen lernt.
Es kann durchaus sein, dass keine Ruhe in die Gruppe kommt. Wenn es nicht an der Gruppengröße liegt, ist schnelles Umdenken angesagt. Flexibilität im Training – die besser gelingt, wenn man die Kinder gut kennt! (siehe 2.: Zeit vor und nach dem Training) – erspart allen hier viel Ärger und Frust. Die Kinder sind auch mit anderen Übungen zu erreichen, die dem Ziel der Kampfkunst dienen als das starre Festhalten an einem Stundenkonzept.
Wenn die Kinder sich wohlfühlen in der Schule, in der sie lernen, erzählen sie es ihren Freundinnen und Freunden. Die kommen vorbei, bleiben auch und erzählen es wieder weiter. So kann es zu plötzlichen Anstürmen kommen, die es zu bewältigen gilt. Bei einer größeren Gruppe leidet die Qualität des Unterrichts schnell! Wenn man da schnell genug gegensteuert – durch Eröffnung weiterer Trainingszeiten – fühlt sich das einzelne Kind wieder gesehen und kommt auch gerne.
Autor: Florian